Quanten, Felder, Energie...
von Basler Psi Verein
20. Februar 2017
Was der «Esoterik» helfen könnte, um (wenigstens ein bisschen) ernst genommen zu werden
Als Leserin, als Leser des Psi-Infos bedauern Sie vielleicht genau wie ich, wie sehr das enge materialistisch-reduktionistische, gern als «wissenschaftlich» gepriesene Weltbild in weiten Teilen der Gesellschaft als Selbstverständlichkeit gilt. Wer andere Sichtweisen vertritt, in denen Bewusstsein, Geist und materiell nicht Fassbares einen grösseren Raum einnehmen, wird gar zu schnell als abergläubisch, naiv oder «esoterisch» belächelt. Wie schön wäre es doch, wenn etwas Bewegung in die vorherrschenden Dogmen käme, wenn sich mehr Menschen spirituellen Sichtweisen öffneten – und wie notwendig ist es für viele globale Herausforderungen!
«Wissenschaftlich bestätigt»?
Mir scheint, mancher in der Spiri-Eso-Szene hätte hier gerne eine schnelle Abkürzung: Wer geniesst in unserer Welt wohl das grösste, unhinterfragte Ansehen und Glaubwürdigkeit? Politiker? Sportler und Superstars? Künstler und Literaten? Nein, es sind die Wissenschaftler! Kaum verkündet ein Experte für Neurowissenschaft, Quantenphysik oder künstliche Intelligenz selbstbewusst «mit unseren Gehirnscans können wir Träume auslesen», «die Erforschung der Physik ist bald vollständig fertig», «intelligente Roboter übernehmen die Weltherrschaft», da verstummt sogar der kritischste Journalist ehrfürchtig. Wer wagte zu zweifeln, wenn es die Wissenschaft doch so herausgefunden hat?!
Was das Etikett «wissenschaftlich bewiesen » trägt, das muss gut sein. Das weiss die Zahnpasta-Werbung schon lange, Partnervermittlungen prahlen damit und nun will auch noch die Esoterik-Szene ihre Minderwertigkeitsgefühle als gesellschaftlich Ausgestossene therapieren, indem sie sich auf wissenschaftlich klingende Erklärungen beruft, in denen es von den Vokabeln Quantenphysik, Nullpunktfeld und elektromagnetische Schwingungen nur so wimmelt. Bitte nicht! Genau jener überheblicher Glaube, vieles sei bewiesen und verstanden, hat die heutige Wissenschaft in manchem Dogma erstarren lassen, hat dazu geführt, dass dort, wo es wirklich spannend wird, kaum jemand ernsthaft hinschaut, «weil ja jeder weiss, dass es das nicht wirklich gibt».
Forscherherausforderung: Unwissen aushalten!
Ein grosser Geburtsfehler des menschlichen Verstandes scheint mir, dass er es kaum aushält, etwas nicht verstehen, nicht einordnen, nicht verarbeiten zu können. Lieber füllt er Lücken mit eigenen Konstruktionen. Das gilt für Zwischenmenschliches, wo viele Probleme dadurch entstehen, dass man die eigenen Vorstellungen und Konzepte einem anderen Menschen überstülpt, anstatt ihn wirklich wahrzunehmen. Und das gilt für die Wissenschaft, die sich selbst Scheuklappen anlegt, um ihre grössten Defizite nicht sehen zu müssen. Oft kommen die Scheuklappen als Worte daher, als schöne Etiketten, die klingen, als wüsste man Bescheid. Bei einem todgeweihten Patienten verschwindet der Krebs? Der Mediziner sagt, «das ist eine seltene spontane Remission» und wendet sich zufrieden dem Tagesgeschäft zu. Von «Wunderheilung » will er nichts hören, denn das zeigte, wie wenig wir über Heilung wissen. Homöopathie hat beachtliche Heilerfolge? «Das ist nur ein Placebo-Effekt.» Wieder eine bequeme Schublade für Wirkungen, die sich nicht durch materielle Mechanismen erklären lassen, sondern vermutlich etwas mit dem Menschen, dem Bewusstsein und dem Leben zu tun haben (welches Heilverfahren hat das nicht?). Wenn dann entgegnet wird, dass Homöopathie aber auch bei Tieren und Pflanzen wirkt, hört der Schulmediziner schon nicht mehr hin.
Und jetzt fangen ausgerechnet noch die eigentlich so wichtigen «esoterischen» Querdenker und Weltbildherausforderer damit an, unverstandene Mysterien wie Geistheilung, Hellsichtigkeit oder transpersonale Verbundenheit mit tollen Vokabeln von «DNA-Programmierung» bis «Nullpunktfeldern » erklären zu wollen. Endlich können wir entspannen, weil wir die Welt wieder im Griff haben? Nein, so geht es nicht. Das ist gleich dreifach töricht:
1. Es verschleiert das nach wie vor grosse Unwissen über viele Vorgänge und Wirkweisen.
2. Bei der oft dilettantischen Verwendung der Begriffe findet jeder zweitklassige Physiker genug Patzer, um guten Gewissens alles als Quatsch abzustempeln.
3. Die Pseudo-Theorien lenken davon ab, dass Phänomene und Beobachtungen für sich sprechen und locker ausreichen sollten, um offene, unvoreingenommene Menschen (also hoffentlich auch Wissenschaftler) neugierig zu machen.
Gerade die Quantenphysik eröffnet ja tatsächlich viel Bewegungsspielraum für neue Ideen, für die Verbindung von Bewusstsein und materieller Welt, für das Konzept der Information als tieferliegende Ursache. Aber es ist bei weitem nicht so einfach, wie gerne behauptet wird. Wir brauchen völlig neue Denkansätze und das geht nicht, indem man Phänomene gemäss dem Motto «Das Nullpunktfeld verbindet alles» flink abhakt und obendrein das viele Wertvolle, das die etablierte Wissenschaft mühsam erarbeitet hat, ignoriert.
Vorsicht: Sprache!
Schon bei der Begriffswahl lauern Stolpersteine: Ist ein fest definierter wissenschaftlicher Fachbegriff gemeint oder geht es um Alltagssprache, vielleicht sogar um Metaphern? Immerhin gibt es nicht nur Felder für Schwerkraft und Elektromagnetismus, sondern auch für Kartoffeln und Weizen. Ein mit «du strahlst aber» angesprochener Physiker muss nicht besorgt zum Geigerzähler greifen. Wer «Schmetterlinge im Bauch» hat, bekommt keine Magenoperation von der Krankenkasse bezahlt.
Wenn also über Energie, Felder und Schwingungen gesprochen wird, sind dann die physikalischen Begriffe gemeint (s. Abb. 1)? Ich vermute, oft genug will die Eso-Szene durchaus naturwissenschaftlich ernst genommen werden. Wo der «Quantensprung» (der ja eigentlich winzig klein ist) noch Alltagssprache sein mag, da muss es bei «Nullpunktfeld» und «Vakuumenergie» um echte Physik gehen (zugegeben, auch daraus liessen sich schöne Metaphern basteln, etwa zur menschlichen Energie, wenn montags der Wecker klingelt).
Kleine Begriffskunde
1. Felder
Beim physikalischen Feld wird eine (messbare) Grösse abhängig von der jeweiligen Position im Raum beschrieben. Man denke an die Eisenfeilspäne, welche die unterschiedliche Richtung und Stärke eines Magnetfeldes um einen Magneten herum sichtbar machen. Wenn Rupert Sheldrake – dessen Arbeit ich sehr schätze – von morphogenetischen oder gestaltgebenden Feldern spricht, ist die Begriffswahl bereits problematisch. Denn hier sollen ja typischerweise Phänomene erklärt werden, bei denen gewisse Informationen überall verfügbar sind und eben nicht vom konkreten Aufenthaltsort oder Entfernungen abhängen.
2. Das grosse, ewige, kosmische Naturgesetz der Anziehung!
Wohl jeder spirituell Interessierte kennt es: Das Gesetz der Anziehung! Siehe Abbildung 2: Die Schwerkraft F hängt von Massen, Abstand und Gravitationskonstante ab – ach, das ist gar nicht gemeint?! Sondern: Mit Wünschen, Visualisieren und innerer Ausrichtung kann man Veränderungen in das eigene Leben ziehen? Ja, auch ich glaube, das könnte funktionieren. Aber sollte man es als «(Natur-)Gesetz» bezeichnen? Welche genauen Einflussfaktoren gibt es denn dann? Wenn unsere Schwerkraft so zuverlässig wäre, wie das «Wünsch-Dir-was»-Gesetz, würden nicht nur Esoteriker manchmal vom Boden abheben.
3. Energie und ihre Probleme
Energie ist in der Physik das Potenzial, Arbeit zu verrichten, beispielsweise mit einer Kraft eine Masse zu beschleunigen. Ihre Einheit ist Joule oder auch Kilowattstunde. Begriffe wie Lebensenergie, Qi oder «feinstoffliche» Energien erscheinen mir durchaus hilfreich, um zu sagen, dass da etwas ist, das (lebendige) Dinge in Bewegung setzen kann. Aber bitte: Diese Art von Energie ist möglicherweise etwas ganz anderes als das, was sich da als Grösse in vielen physikalischen Formeln wiederfindet.
Übrigens wird der Begriff Energie in vielen Zusammenhängen physikalisch irreführend verwendet. «Neue Energien», «Energiesparen», «Energieverbrauch»? Genau genommen ist das alles Quatsch, denn bekanntlich gilt der Energieerhaltungssatz. Energie wird immer nur umgewandelt, sie kommt und geht nicht. Das eigentliche Problem ist die Verringerung geordneter Energie, wie sie etwa beim Wandel von Bewegungsenergie in Wärme geschieht, im Auto beim Tritt aufs Bremspedal oder einfach durch Luft- und Rollreibung, so dass man auch für das Aufrechterhalten der Geschwindigkeit «Gas geben » muss. Beide in Abbildung 3 dargestellten Systeme aus sich bewegenden Teilchen haben die gleiche Menge an Energie, der Unterschied besteht lediglich in ihrer Ordnung, man könnte auch sagen in ihrer Information.
Wenn es nur um Energie ginge, könnten wir uns über die Klimaerwärmung freuen: Toll, unsere Atmosphäre hält immer mehr Wärmeenergie für uns bereit! Und sie ist obendrein überall vorhanden! Doch genau das ist nicht Stärke, sondern Problem, denn um etwas anzutreiben, brauchen wir Struktur, wie etwa die möglichst grosse Wärmedifferenz in Verbrennungsmotoren. Die viel gepriesene Vakuumenergie ist in dieser Hinsicht der Wärme ziemlich ähnlich, daher fällt es mir schwer, sie als Lösung zur Energieversorgung zu sehen.
Gewissermassen könnte man tatsächlich «gute» und «schlechte» Energie unterscheiden, wie es umgangssprachlich in ganz anderen Zusammenhängen geschieht. «Gute Energie» ist nutzbar, hilft Dinge in Gang zu bringen, sie ist kein gleichmässiges Durcheinander, sondern geordnet. Physikalisch ausgedrückt geht es um Entropie, welche als Mass für «Unordnung» gemäss der Thermodynamik leider nur immer grösser wird (s.a. Wohnung, Schreibtisch), wenn man nicht durch Zufuhr von Negentropie (negative Entropie) Ordnung schafft.
Den Blick von der Energie auf die (Neg-)Entropie bzw. Ordnung zu lenken, könnte manchen Denkanstoss geben. Man denke etwa an die «Ordnungsverschwendung» des PKWIndividualverkehrs gegenüber der Effizienz von öffentlichen, gemeinsam genutzten Verkehrsmitteln (Abb. 4).
Ich vermute, bei «Lebensenergie» oder «Heilenergie» geht es tatsächlich viel eher um Entropie oder Information, so dass mir etwa der Gedanke von «Informationsmedizin » durchaus sympathisch ist. Doch wenn dann detailliert gesagt wird, dass die «Heilinformationen die Zellen und DNA umprogrammieren », will ich als Informatiker auch wissen, ob sich die Information in Kilobyte messen lässt und über welches Medium die Übertragung (seriell oder parallel?) erfolgt?
Jetzt sind Sie dran!
Da der Platz hier nicht reicht, um noch über Schwingungen, Heilfrequenzen, Quantenverschränkungen, elektromagnetische Felder und DNA-Programmierung zu reden, kommen wir gleich zum Abschlusstest. Welche Aussage wird eher wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht?
a) Die Aura ist ein elektromagnetisches Schwingungsfeld, welches den Menschen umhüllt.
b) Die Aura ist ein erstaunliches Dingsbums, welches den Menschen umhüllt.
Falls Sie sich für a) entschieden haben, geben Sie bitte noch kurz die Feldstärkeverläufe, Frequenzen und Polarisation an und erläutern Sie anhand der Maxwellschen Gleichungen (fügenSie ggf. Änderungen ein), warum bei der Aura nicht wie bei einer Antenne die elektromagnetische Energie abgestrahlt wird und zu permanentem Energieverlust führt.
Sie haben b) gewählt? Ich auch! Die Aura ist erstaunlich und da sich ihre Wirkungsweise nicht mit den bisherigen physikalischen Modellen überzeugend erklären lässt, ist «Dingsbums» immerhin ein sympathischer Platzhalter, der uns anhalten möge, mit Neugier und Demut angesichts unseres Unwissens weiter zu forschen.
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