Parapsychologie in der Schweiz

von Basler Psi Verein

13. Januar 2015

Parapsychologie in der Schweiz Eine Standortbestimmung von Lucius Werthmüller

   

Links: Prof. Hans Bender, auf dessen Anregung hin der BPV gegründet wurde
Rechts: Prof. Max Thürkauf, einer der Gründer des BPV



Das Ende des «Sonderfalls» Es ist noch nicht so lange her, dass ich im Psi- Info über den «Sonderfall» Schweiz geschrieben habe. Die aussergewöhnliche Tatsache, dass in einem so kleinen Land, bzw. sogar nur einem Landesteil, drei traditionsreiche Vereinigungen für Parapsychologie existieren. Eine Weile lang waren es sogar vier, nachdem sich die Sektion Ostschweiz der Schweizer Parapsychologischen Gesellschaft vor einigen Jahren selbständig gemacht hat. Es waren dies die Schweizer Parapsychologische Gesellschaft mit Sitz in Zürich, die 1952 gegründet wurde. Weiter die 1966 unter dem Namen Bieler Psi-Gruppe gegründete und später umbenannte Schweizerische Vereinigung für Parapsychologie mit Sitz in Biel und später in Bern sowie die auf Anregung des grossen deutschen Parapsychologen Prof.
Hans Bender 1967 von Matthias Güldenstein gegründete Parapsychologische Arbeitsgruppe Basel (PAB), die 1991 in Basler Psi-Verein
umbenannt wurde. Diese Namensänderung habe ich damals angeregt, weil der alte Name nicht mehr den tatsächlichen Aktivitäten des
Vereins entsprach. Diese Änderung besagt bereits einiges über den Wandel, der in den letzten 50 Jahren stattgefunden haben.



Zu Beginn in den 1950er Jahren bis in die 70er Jahre waren diese Vereinigungen tatsächlich Arbeitsgruppen aus Forschern und interessierten Laien, die gemeinsam experimentiert haben, sich intensiv mit paranormalen Phänomenen auseinandergesetzt haben, einzelne Fälle dokumentiert und veröffentlicht haben. So gehörten zu den Gründungsmitgliedern der PAB der bekannte Naturwissenschaftler und Philosoph Max Thürkauf sowie der Psychiater Konrad Wolff.
Spätestens mit dem Einsetzen der Esoterikwelle in den 90er Jahren hat sich der Charakter der Aktivitäten entscheidend verlagert. Das Statement, das ich vor einigen Jahren anlässlich des Entscheids keine weiteren Psi- Tage mehr durchzuführen geschrieben habe, trifft weitestgehend immer noch zu – auch auf die Situation der Vereine. Der ganze Text ist auf der Startseite www.psi-tage.ch abrufbar, dort findet sich auch ein Rückblick von Matthias Güldenstein auf die 24 Jahre lange Geschichte des Kongresses: «Bei den ersten Basler Psi-Tagen in den 1980er Jahren lag der Schwerpunkt des Kongresses bei der Parapsychologie und war klassischen Psi-Themen wie «Psychokinese» oder «Telepathie und Hellsehen» gewidmet. Damals war das öffentliche Interesse gross und ein Bedarf für einen Publikumskongress gegeben.
Die Begründer der Basler Psi-Tage – Prof. Alex Schneider und Matthias Güldenstein – haben in den 70er und 80er Jahren wertvolle Pionierarbeit geleistet. Im Pressespiegel aus den Anfangszeiten erkennt man eine differenzierte und ernsthafte Auseinandersetzung mit den
Psi-Phänomenen. Damals wurde noch verstanden, dass die Parapsychologie eine Wissenschaft ist und kein Glaubensbekenntnis. Ähnlich wie bei den drei Schweizer Gesellschaften für Parapsychologie hat sich bei den Basler Psi-Tagen der Themenschwerpunkt im Lauf der Jahre in Richtung Esoterik und Spiritualität verlagert. Wir sehen heute bei Vorträgen von wissenschaftlichen Parapsychologen nur ein dürftiges Publikumsinteresse. Das öffentliche Interesse an der Psi-Forschung hat laufend abgenommen. Sie fristet ein Schattendasein und ihre Resultate werden in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Dazu tragen viele Forscher selbst einen Teil bei, weil sie sich auf Grund der Umstrittenheit der Thematik schwer tun, die Ergebnisse ihrer Arbeit verständlich und öffentlich zu kommunizieren. Sie überlassen somit das Feld den privaten Fernsehanstalten, die mit Shows wie der «Der nächste Uri Geller» ein schiefes öffentliches Bild vermitteln. Die Basler Psi-Tage wollten nie ein trockener Fachkongress sein, sondern brachten Fachleute und Wissenschaftler in Kontakt mit den Praktikern – Medien, Sensitiven, Psychokineten, Geistheilern, Schamanen, spirituellen Lehrern – sowie mit dem Publikum. Diese Verbindung von Theorie und Praxis machte das Besondere der Psi-Tage aus. Als wir 1992 den 1. Weltkongress für Geistiges Heilen veranstalteten, standen wir allein auf weiter Flur mit einem Anlass zu diesem Thema. Die Medien zeigten starkes Interesse, nur schon weil das Thema exotisch war. Mit spektakulären Darbietungen wie den Operationen von brasilianischen Trancechirurgen und philippinischen Logurgen schafften die Psi-Tage es sogar in die Schlagzeilen der Boulevard Presse. Das Medieninteresse hat in den letzten Jahren nachgelassen. Das Geistige Heilen ist nicht mehr genug exotisch, dass die Medien deshalb darüber berichten, anderseits nicht so etabliert und anerkannt, dass darüber sachlich
berichtet wird wie über andere Kongresse dieser Grössenordnung.»



Der Schrumpfungsprozess Bis Ende der 1990er Jahre war die Entwicklung der SVPP und der SPG verheissungsvoll. Dieser Zeitabschnitt ist Thema der Erinnerungen von Christoph Bürer an seinen verstorbenen Weggefährten Donatus Rüetschi (siehe S. 84). Der schleichende Abstieg der befreundeten Gesellschaften begann im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends. 2006 fanden dann die letzten Basler Psi-Tage statt, die während einem Vierteljahrhundert das eigentliche Aushängeschild der Parapsychologie in der Schweiz waren. Vor drei Jahren, im Frühjahr 2011, ist die SVPP in Liquidation gegangen, wir haben Sie ausführlich darüber informiert. Am 14. Juli dieses Jahres wurde an einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung die Liquidation der SPG – der ältesten und renommiertesten Gesellschaft – beschlossen, eine Entscheidung die unausweichlich schien und sich über längere Zeit angekündigt hat (siehe den Beitrag über die Geschichte der SPG auf Seite 80). Auch das Psi Forum Ostschweiz steht zur Zeit nicht auf einem festen Fundament, so dass der BPV de facto als einzige Vereinigung in der Deutschschweiz übrig bleibt. Ich muss gestehen, dass ich sehr wenig über die Situation in der Romandie und im Tessin weiss. Eine erstaunliche Tatsache, dass die anderen Landesteile uns ferner liegen als Deutschland, Grossbritannien oder die USA – Länder in denen wir viele Kontakte pflegen.

Der gemeinsame Weg der Gesellschaften Die drei Gesellschaften haben mehrere Jahrzehnte mal intensiver mal loser miteinander gearbeitet. Zusammengehalten wurden sie seit den 1980er Jahren unter anderem durch die Basler Psi-Tage, bei denen sie gemeinsam das Patronat innehatten. Von dieser Zusammenarbeit zeugt auch die jahrelange Herausgabe der gemeinsamen Zeitschrift Parapsychika. Als wir in den 1990er Jahren jährliche Treffen der Vorstandsmitglieder der drei Gesellschaften einführten, entstand daraus unter anderem die gemeinsame Zeitschrift PARA, die vom kürzlich verstorbenen ehemaligen Präsidenten der SVPP Dr. Donatus Rüetschi (siehe die Nachrufe auf Seite 84) geführt wurde. Die eigentliche Stärke der SPG und der SVPP war ihre Abstützung auf einen starken und grossen Vorstand, der die Geschicke des Vereins in festen Händen hielt. Diese Stärke verkehrte sich allerdings in ein Hindernis, da die Mitglieder der Vorstände oft unterschiedliche Richtungen einschlagen wollten. In Basel leitete Matthias Güldenstein den BPV über lange Zeit, seit 1991 bin ich Präsident des Vereins. Diese Kontinuität hat sich bewährt. Wir hatten keine Richtungskämpfe innerhalb des Vorstands auszutragen. Dieser sieht seine Rolle beim BPV eher als Aufsichtsorgan, das erst einschreitet, wenn die Dinge aus dem Lot zu geraten drohen. Ich kann mich an keine einzige turbulente oder kontroverse Mitgliederversammlung erinnern. Früher war ich eher traurig über die – verglichen mit der SVPP oder SPG – geringe Beteiligung der Mitglieder an den jährlichen Versammlungen. Heute sehe ich diese Abstinenz als Zeichen und Ausdruck des Vertrauens. Was hat der BPV anders gemacht als die beiden anderen Gesellschaften? Es scheint, dass wir den Weg in eine neue Zeit gefunden haben und unsere Angebote den gewandelten Bedürfnissen der Mitglieder und Interessenten angepasst haben. Dies ohne dass wir den in den Statuten festgelegten Zweck vernachlässigt haben. Schon als Projektleiter der Basler Psi-Tage hatte ich die Notwendigkeit erkannt,

   



inhaltliche Kompromisse einzugehen um das Fortbestehen des Kongresses zu sichern. So setzte ich – manchmal gegen die Vorbehalte anderer Teammitglieder – durch, dass wir prominente Referenten verpflichteten, die ein grosses Publikumsinteresse generierten, auch
wenn ihre Beiträge nicht immer genau zum jeweiligen Thema passten. Früher lag die parapsychologische Forschung zum grossen Teil
in den Händen von vermögenden oder zumindest finanziell unabhängigen Privatgelehrten und Wissenschaftlern. Diese Zeit ist schon länger endgültig vorbei. Dennoch gab es vor allem bei der SPG lange Zeit grosse Vorbehalte dagegen, die im Sekretariat tätigen Mitarbeiter in den Vorstand zu wählen oder ihre Meinung und ihren Rat einzuholen. Dies obwohl sie am intensivsten mit den Mitgliedern in Kontakt sind und somit dafür sorgen können am Puls der Zeit zu bleiben. Die Entscheide der Vorstände waren daher nicht immer nahe an den Bedürfnissen der Mitglieder. Für mich hilfreich war das Vertrauen von Matthias Güldenstein, der vorschlug, mir das Präsidentenamt und damit Verantwortung zu übergeben, obwohl ich zu dieser Zeit noch über wenig Erfahrung verfügte. Dies um den Verein «jung» zu erhalten. Ich habe versucht, diese Strategie beizubehalten. Mittlerweilen besteht unser Team neben mir und meiner Partnerin Sabine aus lauter jungen und engagierten Leuten (ein aktuelles Foto unseres Teams finden Sie auf Seite 9). Besonders freut mich, dass es dadurch über die letzten Jahre gelungen ist, den Altersschnitt der Besucher unserer Veranstaltungen signifikant zu senken.



Die Zukunft des BPV Neben der notwendigen technischen Anpassung der Infrastruktur und der Website an die neue Zeit (wir werden Sie im Newsletter und im nächsten Psi-Info informieren) und dem Ausbau des Veranstaltungsprogramms verfolgen wir weitere Ziele. Mein persönliches Anliegen liegt im Bereich der Dokumentation, der Archivierung und Bewahrung der früheren Psi-Aktivitäten sowie im Bereich der Forschung. Der BPV verfügt dank einer grosszügigen zweckgebundenen Spende über die Mittel, um diese in den Statuten festgehaltenen Anliegen zu verfolgen. Die Spende wurde ausgesprochen um altes Archivmaterial zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dabei will ich einen Schwerpunkt auf die Geschehnisse in der Schweiz legen. So soll neben den gesammelten Mitteilungsblättern und Bulletins die von Dr. Theo Locher für die SVPP herausgegeben wurden, auch die anderen gemeinsamen Zeitschriften aus den letzten 50 Jahren gescannt und online zugänglich gemacht werden. Weiter sollen rund 1000 Stunden Videomaterial aus der VHS-Ära digitalisiert
werden, sowie die gesamten Audio- und Videoaufnahmen der Basler Psi-Tage. Daneben wollen wir weitere Archive sichern, bereits geschehen ist die Digitalisierung von Original Filmen von Rudolf Passian. Ausserdem bestehen in Zusammenarbeit mit einem weiteren
Gönner unseres Vereins Pläne für den Aufbau einer Stiftung für Parapsychologie, die neben der Archivierung und Dokumentation auch
Forschungsaufträge vergeben soll. Wir hoffen und zählen dabei weiterhin auf unsere Mitglieder, denen ich an dieser Stelle für ihr Vertrauen danke. Ihre Mitgliederbeiträge ermöglichen es uns massgeblich, sachliche Informationen über diese Themen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.


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